Für SWR2 war ich in Stuttgart, um in Form einer Reportage über die Singing Justice Conference zu berichten. Ziel der Konferenz, die von der Internationalen Hugo-Wolf-Akademie veranstaltet wurde, war es, die Vielfalt afroamerikanischer klassischer Musik zu beleuchten.
»Lösen wir uns also vom Denken in Schubladen ›Lied‹ und ›Nicht Lied‹, ›ernst‹ und ›unernst‹, ›schwarz‹ und ›weiß‹ – aber nicht bevor wirklich alle Schubladen geöffnet sind und alle Liedblätter daraus auf dem Tisch liegen oder besser noch: auf den Notenständern stehen und gesungen werden.«
Prof. Dr.Andreas Meyer (Institut für Musikwissenschaft, HMDK Stuttgart) in seiner Eröffnungsrede
Dafür war eine Delegation von Musikforscher:innen und Musiker:innen aus Michigan angereist. In Erinnerung bleibt mir der moderne Liederzyklus »American Patriots«, den Samantha Rose Williams live aus den USA in der Form eines Seminar Recital präsentierte. Dieses Format entwickelte das Forschungsprojekt um musikalischen und musikwissenschaftlichen Vortrag zu verbinden.
Race and Class
In der Diskussion nach dem Vortrag der Musikforscherin Naomi André habe ich die Frage eingeworfen, welche Auswirkungen schrumpfende Opernbudgets in Hinsicht auf race haben: Werden Schwarze und weiße Komponist:innen und Sänger:innen solidarisch zusammenhalten und um ihren Lebensunterhalt kämpfen? Werden Opernhäuser vorsichtiger werden und sich in Programm und Besetzung an alte Konventionen klammern? Der Tenor Ray M. Wade nimmt in einer Wortmeldung darauf Bezug. Seine Erfahrung ist, dass sich in den letzten 10 Jahren für ihn als Schwarzen Tenor in Deutschland einige Opernbühnen geöffnet haben und er Rollen wie Erik im »Fliegendem Holländer« und Max im »Freischütz« bekam, die sonst meistens weiß besetzt werden. Er beklagt aber, dass seit der Pandemie eine Art Reset stattgefunden hat und vermutet, dass sich Opernhäuser angesichts von Publikumsschwund von einer weißen Besetzung mehr Publikum versprechen.
Das Highlight des Tages war das abendliche Abschlusskonzert, das von der Gesangsprofessorin Caroline Helton moderiert wurde. Selten habe ich ein so berührendes, informatives, musikalisch exzellentes und programmatisch vielfältiges Konzert erlebt.